Nachdem ich als letztes allgemein zum Akteur eingeführt habe, wende ich mich heute einem konkreten Akteurmodell zu: dem Homo Sociologicus. Hierbei geht es erstmal um eine ganz allgemeine Klärung des Modells, die Grundannahmen. Ich werde mich später in gesonderten Beiträgen dann den Details zuwenden.
Die Grundannahme, die das Modell trägt, ist, dass jede_r Einzelne sein/ihr Handelin in Orientierung an vorgegebene soziale Normen wählt. Dieses Modell war für die Herausbildung der Soziologie als eigenständige Disziplin besonders wichtig und bis heute das vorherrschende Modell. Nach diesem Modell werden die Handlungswahlen des Akteurs institutionelle Regeln und gesellschaftliche Vorgaben geprägt. Der/die Akteur_In erfüllt die bestehenden Normen und erfüllt damit auch die an ihn/sie gerichteten Erwartungen. Er/sie tut als, was getan werden „soll“, „spielt seine/ihre Rolle„. In diesem kurzen Satz sind schon zwei weitere wichtige Aspekte dieses Modells aufgeführt. Der Homo Sociologicus ist im Gegensatz zu den anderen Akteurmodellen ein „Sollens“-Modell, die anderen werden durch das „Wollen“ geprägt. Außerdem ist bei der Ausarbeitung des Modells die Rollentheorie besonders wichtig, auf diese werde ich noch später ausgiebig eingehen.
Kritisch wird an dem Modell vor allem gesehen, dass es vollkommen kontraintuitiv zu der modernen Vorstellung des selbstbestimmten Menschen ist. Diesem wird entgegengehalten, dass ja jedes Akteurmodell nur eine analytische Fiktion und ein Erklärungswerkzeug ist – jede wissenschaftliche Theorie konkrete Realität vereinfacht. Der Homo Sociologicus ist analytisch nutzbar, da bei vielen Handlungsvollzügen ist der/die konkrete Akteur_In austauschbar ist und die Beteiligten sich an die in solchen Situationen vorgegebenen sozialen Normen halten und entsprechend handeln.
Literatur
Schimank, Uwe. Handeln und Strukturen. Einführung in die akteurtheoretische Soziologie. FernUniversität Hagen.
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