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Bei ZDFneo wird eine neue Sendung angekündigt, deren erster von vier Teilen morgen ausgestrahlt werden soll. Sie heißt „Auf der Flucht – Das Experiment“. Die Prämisse?

Sechs Protagonisten begeben sich auf eine ungewöhnliche Reise. Sie machen sich auf den Weg in die Ursprungsländer Asylsuchender in Deutschland und erfahren am eigenen Leib, was es heißt, auf der Flucht zu sein.

Das ZDF ist sich natürlich sicher, dass noch keine Kritiken gemacht werden dürften, schließlich sei die Sendung noch nicht ausgestrahlt:

Das gleiche Argument, welches jedes Mal hervorgebracht wird, wenn Fernsehsendungen kritisiert werden. Auf der einen Seite wird Werbung für diese Sendungen gemacht, das Konzept wird präsentiert, aber wenn eben diese Darstellung nicht positiv aufgenommen wird, reflektiert sie scheinbar gar nicht die wahre Sendung?

Auf Twitter lässt eins sich davon glücklicherweise nicht abbringen und es werden eine ganze Reihe valider Kritiken vorgetragen, z.B. von @_accalmie, @Crunchy_Cracker und @herrurbach. Allein die Inhalte auf der Webseite bieten schon allerlei Grund zur Kritik:

Die grundlegende Idee

Eigentlich beginnt es mit der Idee. Sechs Menschen mit deutschem Pass sollen Fluchterfahrungen nachempfinden. In einem der Clips zur Sendung, sagt die Sprecherin: „Er [der Moderator] sieht die Chance mit der Sendung den Themen Flucht und Asyl ein Gesicht zu geben.“

Zwar treffen zu Beginn der Sendung die TeilnehmerInnen auf zwei Familien, die tatsächliche Fluchterfahrungen haben, aber bereits an der Aufmachung der Webseite kann gesehen werden, dort stehen vor allem die Gefühlswelten der TeilnehmerInnen und deren „Gesichter“ im Zentrum. (Auch wenn heute die Geschichte von Salomon Ykealos mit Videos hochgeladen wurde.)

Statt gelebte Erfahrungen in den Mittelpunkt zu stellen, spielen Pass-Deutsche etwas nach. Dabei können sie aufgrund aller Privilegien natürlich niemals zu einer auch nur ansatzweise realistischen Erfahrung gelangen (schon allein nicht, weil ein Kamerateam neben ihnen steht und sie jederzeit nach Hause bringen kann). Diese Differenz machen selbst die TeilnehmerInnen immer wieder deutlich. So sagt Johannes Clair, ein ehemaliger Bundeswehr-Soldat:

Ich denke das Gefühl, was Flüchtlinge durchmachen, das werden auch wir bei diesem Experiment nicht in Gänze erleben, aber wir fühlen es an. Und ich glaube darum geht es bei dieser Sache, dass wir das auch in die Wohnzimmer transportieren und es angefühlt werden kann.

Im April hat Viruletta bei der Mädchenmannschaft in einem sehr guten Artikel anhand einer anderen Sendung und dem Wallraff-Phänomen deutlich gemacht, welche Mechaniken dort greifen: Wissen wird eben nur dann anerkannt, wenn es aus einer privilegierten Position heraus gewortet wird. Sie schreibt weiter:

Die meisten “Erkenntnisse”, die in solchen medienwirksamen “Experimenten” gewonnen werden, sind für einen bestimmten Teil der Menschen ohnehin keineswegs neu. Und die jeweiligen Reporter sind in der Regel bei weitem nicht die ersten, die das Thema zur Sprache bringen. Sie sind nur oftmals die ersten, deren Erfahrungen anerkannt werden. Während Betroffenen vorgeworfen wird, sie würden “übertreiben” oder ihnen geraten wird, “sich nicht so anzustellen”, gelten die Erkenntinisse der Reporter plötzlich als “enthüllend” oder gar “erschütternd”.

Auch in „Auf der Flucht – Das Experiment“ reichen nicht die Erfahrungen der Asylsuchenden aus. Es muss ProtagonistInnen aus privilegierter Position geben, die diese Erfahrungen durch eigenes Erleben validieren. Darüberhinaus ist die Perspektive klar eurozentrisch, wie sich auch in den Interviews mit den TeilnehmerInnen zeigt, wo Diskussionen zu Asyl und Migration zusammengeworfen werden und der Einfluss auf Deutschland wichtiger Fokus bleibt.

Aber selbst dieser Fokus könnte ja fruchtbar genutzt werden: Gerade jetzt, wo seit mindestens einem Jahr, die Proteste von Geflüchteten lauter und sichtbarer werden, ist es noch einmal besonders zynisch, dass ZDFneo scheinbar eine Sendung zum Thema Flucht und Asyl machen kann, ohne an diese Protestbewegungen anzuknüpfen. Es hätten ja ebenso ausschließlich die Geschichten einiger Asylsuchenden erzählt werden können, aber dies wäre sicher nicht möglich ohne Forderungen zu Asylgesetzen in Deutschland prominent zu platzieren anstatt den Blick allein nach „Außen“, auf das furchtbare, was dort passiert, zu richten.

Es ist alles ein großes Abenteuer

Stattdessen ist die ganze Sendung wie eine große Abenteuer-Show angelegt. So heißt es in der Beschreibung:

Sie übernachten im Asylbewerberheim, in den überfüllten Flüchtlingslagern in Athen und Rom und stehen in Tunesien vor der schwierigen Entscheidung, ob sie die Fahrt auf einem Schlepperboot wagen oder das Experiment abbrechen.

Es gibt sogar ein Vorbereitungscamp, in dem sie Kartenlesen lernen und sich durch das Gelände zu bewegen. Ganz realistisch. Und die Sprecherin fragt scheinheilig: „Warum tut man sich das als zivilisierter [sic] Westeuropäer an?“ Die TeilnehmerInnen jedenfalls betonen während der Vorbereitung, dass sie gerade echt Spaß hätten (Wieland) oder ja auch mal ein bißchen „Action mitmachen“ wollen (Müller).

Dann sollen sie auch einmal am eigenen Leibe erfahren, wie es sich anfühlt, entführt zu werden. Und so laufen die TeilnehmerInnen mit Säcken über den Kopf durch die Landschaft, neben sich die ganze Fernseh-Crew. Mirja du Mont bringt in wenigen Worten die Unsinnigkeit auf den Punkt:

So ein Kinderspiel. Du weißt ja, du sitzt hier in Bayern. Da bin ich null gestresst.

Aber nach dem Sicherheitstrining ist eine andere Teilnehmerin zu hören, wie sie sich freut, dass es ja erst jetzt so richtig spannend würde.

Afrika ist ein Land

Selbst, wenn ich nicht glaube, dass dies mit dieser Sendung wirklich positiv erfüllt wird, gehe ich davon aus, dass die Sendung nicht ausschließlich unterhalten sondern auch bilden soll. (Was auch immer diese Bildung sein könnte.) Bezeichnend neben all den anderen problematischen Ansätzen bleibt da aber auch die Bezeichnung der „Teams“: Team Irak und Team Afrika.

Obwohl in beiden Fällen von konkreten Familien und deren Herkünften ausgegangen wird, und in beiden Fällen die Familienmitglieder jeweils aus einem Land kommen (Irak und Eritrea), gibt es kein Team Eritrea. Allerdings heißt es auch in der Beschreibung, dass das Team Afrika „in Richtung Eritrea“ fährt und ihre Endtstation Äthiopien ist. Bei der Beschreibung der letzten Folge wird wiederum die offene Frage „Werden die Protagonisten eine Reise nach Eritrea wagen?“ gestellt. Aber keine dieser Unsicherheiten erklärt die Benennung des Teams. Und es passt eben auch sehr gut in Diskurse zu flüchtenden Menschen, in denen Afrika als Krisenkontinent allgemein ein Ort ist, von dem Menschen aus fliehen möchten – natürlich nach Europa. (Dass die meisten Fluchtbewegungen Binnenfluchtbewegungen sind, bleibt dabei natürlich gern außen vor.)

Die ProtagonistInnen

Und zu guter letzt: Welche Menschen treten denn nun dieses „Abenteuer“ aka „Expermient“ an? Zum einen wird schnell deutlich, dass hier bestimmte Stereotype gecastet wurden, wahrscheinlich um von vorne herein unterschiedliche Reaktionen und Unterhaltungspotential zu garantieren.

Fest steht aber auch, dass die meisten in ihren Vorstellungsvideos äußerst problematische Dinge von sich geben dürfen, gerade auch dann wenn immer wieder Integration zum vorherschenden Thema wird. So erklärt Songül Cetinkaya, dass wenn Menschen sich anpassen und sie die deutsche Sprache lernen, sie auch die Jobs bekommen, die sie wollen. Menschen, die „in ihren Paralellgesellschaften“ bleiben, wären damit auch selbst Schuld, wenn es Probleme gibt. Auf der anderen Seite spricht sie aber auch NSU, Sarrazin und Buschkowsky an.

Die Autorin Kathrin Weiland findet die Vermischung von Kulturen schwierig, meint, dass eine Gesellschaft sich schützen dürfe (schließlich nehme mensch ja auch einen Dorn aus dem Schuh) und gibt Folgendes von sich:

Deutschland schafft sich ab – ich glaub da ist schon was dran an der These. Ich glaube nicht, dass Leute nur wegen dem Wetter kommen. Ich stell mir das wie eine große Sahnetorte vor und jeder möchte mal ein bißchen mitnaschen.

Und dann ist da der „rechte Aussteiger“ Kevin Müller, der zugibt noch viele Vorurteile zu haben, diese aber täglich abbauen möchte. Im nächsten Satz reproduziert er dann erst einmal ein krasses rassistisches Stereotyp und ich frage mich, ob ZDFneo jetzt wirklich erwartet jemanden dazu zu gratulieren, dass er versucht nicht ganz so rassistisch zu sein (und trotzdem Rassismus reproduziert).

Bei der Beschreibung von Stephan Weidner, ehemals Böhse Onkelz, schreibt ZDFneo ziemlich euphemistisch

Die Band löste sich 2005 auf – ihr wurden immer wieder Vorwürfe gemacht wegen ihrer Nähe zum Rechtsrock. Weidner distanzierte sich regelmäßig von solchen Behauptungen.

Und dann kommt da noch Mirja du Mont um die Ecke, die die Angst vor Überfremdung verstehen kann und über europäische Werte spricht, die die Türkei nicht habe. Sie sei stolz Deutsche zu sein und findet die Dritt-Staaten-Regelung gut, sonst würde ja alle versuchen nach in das soziale Netz in Deutschland zu kommen. Sie spricht davon, dass Deutschland ein „Helfersyndrom“ hätte, aber man kann eben nicht allen helfen, der Topf ist eben nicht immer voll. Auf das Abenteuer freut sich sich jetzt trotzdem und gibt zu Protokoll:

Eigentlich würde ich gern meine ganze Familie mitnehmen, damit man mal sieht, wie schlecht es anderen Menschen geht.

Fazit

Nachdem ich mir sämtliches zur Zeit zugängliche Material der Sendung angeschaut habe, fällt es mir noch schwerer zu erkennen, wie bei dieser Sendung die Themen Flucht und Asyl die wirklich zentralen Felder sein können.

Nicht nur du Monts Aussage macht deutlich, dass im Zentrum die sechs Teilnehmenden und ihre Erfahrungen stehen. Dabei scheint es den Macher_innen der Sendung gar um Leuterungsmomente zu gehen, um den Abbau von Vorurteilen. Eingenommen wird die Perspektive der privilegierten Pass-Deutschen. Die tatsächlich von Flucht betroffenen Menschen werden dabei zum großen Teil zu dem „Anderen“ gemacht, sie dienen als Kulisse für die emotionale Weiterentwicklung der TeilnehmerInnen.

Mit „Auf der Flucht“ wolle man eine Diskussion anstoßen, so Gerlach, und kleine Einblicke in das Leben von Flüchtlingen geben. Vollends könnten auch die sechs Protagonisten nicht nachvollziehen, was es bedeute, auf der Flucht zu sein. Er selbst sei sich nicht sicher, wie man das weltweite Flüchtlingsproblem lösen könne: Hilfe direkt vor Ort ja, aber das könne keine Entweder-Oder-Diskussion sein. Man habe nur einen geringen Einfluss auf die humanitäre Situation in anderen Ländern und darüber hinaus müsse man bei direkter Hilfe vor Ort einen sehr langen Atem haben.

Eine Sendung über Flucht zu drehen, in der nicht die Asylsuchenden und Flüchtenden allein im Mittelpunkt stehen und deren Perspektiven als valide angenommen werden, auf deren Webseite die Konflikte, die zu Flucht führen keinesfalls kontextualisiert werden und rassistische Grundannahmen nicht klar dekonstruiert werden, ist meines Erachtens jedenfalls auch kein Lösungsansatz.

Edit 08.08.: Ali Himpenmacher hat sich auf Alis Afrika-Blog auch noch einmal etwas über die rassistischen Aussagen der TeilnehmerInnen aufgeregt. Außerdem hat er sich die erste Folge der Sendung angetan und einige Zitate in seinem Beitrag ergänzt.

Edit 09.08.: Es gibt nun auch eine Petition gegen die Sendung und auf Shehadistan ein Beschwerdeschreiben an den ZDF-Fernsehrat.

26 Kommentare zu “„Sieh’s mal neo“ kolonial

  1. Pingback: ZDF neo: “Auf der Flucht – Das Experiment” – “Grenz”erfahrungen im wahrsten Sinn des Wortes | STAR COMMAND Communiqué

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  4. Pingback: “Auf der Flucht – Das Experiment”: Beschwerde an den ZDF-Fernsehrat | shehadistan

  5. Ihr solltet die Reihe doch erstmal in Gänze anschauen. Natürlich muss vorweg in markanten Aussagen die Haltung der Protagonisten deutlich gemacht werden. Die ändert sich schon sehr bald, denn es gibt, genau wie hier in diesem Text gefordert, viele Begegnungen mit Flüchtlingen unterschiedlicher Herkunft, die ihre Geschichten erzählen. Und die Mitwirkenden erleben, für den Betrachter bestens nachvollziehbar, am eigenen Leibe, wie es ist, wenn man kein Essen und Obdach hat und der Gewalt der Straße ausgesetzt ist. Die Afrika-Gruppe heißt übrigens so, weil sie durch mehrere afrikanische Länder reist. Ganz einfach. Womit auch schon belegt wäre, dass die Reihe eben nicht „eurozentristisch“ angelegt ist.

    • Ich antworte jetzt einmal auf diese Aussagen, weil sie typisch sind. (Und das obwohl aufmerksame Leser_innen eigentlich die Antworten in meinem Text finden, aber anyway…)

      1. erst einmal angucken
      Hier in meinem Artikel kritisiere ich die Darstellung des Konzepts und die gestern vorhandenen Trailer. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Trailer und auch die Webseite werden gemacht, um einen ersten Eindruck der Show zu vermitteln, somit ist es natürlich auch legitim diese zu bewerten. Und selbst wenn in der Show alles gaaaanz anders wäre (was es nicht ist), dann bliebe immer noch die Verbreitung rassistischer Videos („markante Aussagen“ ist da ja auch mal ein schöner Euphemismus).

      2. Es kommen ja Flüchtende vor
      Falls du meinen Artikel noch einmal lesen möchtest, dann sollte dir auffallen, dass ich das nie abgestritten habe. Aber meine Schlussfolgerungen sind andere: Ich kritisiere ja eben, dass Flüchtende genutzt werden als „Kulisse“ für die Besserung priviligierter Menschen. Sie dürfen ihre Geschichten erzählen, damit die TeilnehmerInnen „geläutert“ werden.

      3. Nacherleben
      Und warum braucht es diese TeilnehmerInnen, die etwas „nacherleben“? Warum reichen nicht die Geschichten und Erlebnisse jener, die das wirklich durchgemacht haben? (Achtung rhetorische Fragen! Die Antwort darauf gab ich in meinem Text, Stichworte „An- und Aberkennen von Erfahrungswissen“.)

      4. Afrika-Gruppe
      Und die Irak-Gruppe reist nur im Irak? Nicht wirklich, ne? Und hey die Afrika-Gruppe ist auch in Italien, müsste sie dann nicht Europa-Afrika-Gruppe heißen?

  6. Pingback: “Das Experiment” – falsches Leid erzeugt keine echte Empathie. | Feyd Braybrook's Blog

  7. Selbst ohne die Bühne, die man den nachgeplapperten Ressentiments Mirja du Monts bietet, hätte dieses „Experiment“ seinen Namen nicht verdient. Es bedarf außergewöhnlicher Aktionen und Kommunikation wie jener Schlingensiefs mit seinem Container, um dieser Mitte der Gesellschaft klarzumachen, wie sehr sie schon nach rechts abgedriftet ist.
    Der Effekt dieses Formats wird mitnichten der (so wie Gerlach in Deinem Fazit zitiert) „Einblick in das Leben von Flüchtlingen“ sein. Es inszeniert eine Abenteuer-Soap, in der die Tränen Songül Centinkayas (bei der Konfrontation mit dem Flüchtlingselend) zusammenfließen mit jenen einer x-beliebigen Big-Brother-Teilnehmerin, deren Hausaffäre soeben zuende gegangen ist.

    Entweder man macht es wie Schlingensief (provokativ und gewagt) oder klassisch dokumentatorisch. Aber dafür bekommt man auch weit weniger Quote – und weniger Geld.

    „Das Experiment“ – falsches Leid erzeugt keine echte Empathie.

  8. Pingback: Superheldinnen, Big Data, Comics und der ZDFneo-Fail – Linkspam-Freitag

  9. Ich habe den Artiekl sehr interessiert gelesen und auch neue Erkenntnisse dabei gewonnen. Dass die Trailer provokant waren und man solche ausländerfeindlcihe Aussagen eigentlich nicht unkommentiert stehen lassen sollte, stimmt.

    Ich möchte aber lieber auf die Sendung an sich eingehen, die erste Folge ist ja gesendet worden. Muss man die Flucht wirklich aus der Perspektive von einigen sehr priviligierten Europäern versuchen nachzuspielen? Sollte man nicht lieber mehr über echte Flüchtlinge berichten?

    Ich glaube, man sollte. Viel mehr! Es ist ein wichtiges Thema, in Deutschland und in Europa, das oft vernachlässigt wird. All das ist jedoch kein Argument gegen diese Sendung des ZDF. Genausogut hättest Du auch die ARD und alle anderen Medien auffordern können, mehr über die Flüchtlingsproblematik zu publizieren.

    Diese spezielle Sendung hat trotzdem ihre Daseinsberechtigung. Natürlich kann sie niemals die Gefahren, die Angst und die Umstände einer echten Flucht widerspiegeln. Aber erstens können sich viele deutsche Fernsehzuschauer anscheinend besser mit ein paar C-Prominenten identifizieren, als mit normalen Menschen. Das legen zumindest unzählige Formate mit anderen Themen aber ähnlicher Besetzung nahe, in denen Leute. Und zweitens, und das finde ich wesentlich wichtiger, zeigt es einmal mehr auf, dass niemand selbstverschuldet zum Flüchtling wird und wir heutigen Europäer einfach verdammt Glück gehabt haben, zu dieser Zeit an diesem Ort geboren worden zu sein, und da haben wir keinen Handschlag für getan. Außerdem: Auch uns kann es jederzeit wieder treffen und dann dreht sich der Spieß um, und man muss als Deutscher vielleicht auch nach Afrika oder in den nahen Osten oder sonstwohin fliehen.

    • Zu deinem letzten Absatz:

      1. Identifikation
      Dass viele Menschen in Deutschland eher anerkennen, wenn andere privilegierte Menschen noch einmal sagen, dass etwas „wirklich schlimm“ ist, ist ein Problem. Das habe ich versucht hier in meinem Text auch anzudeuten und vor allem mit dem Verweis auf Virulettas Artikel zu Erfahrungswissen zu verdeutlichen. Dieses Anerkennen von den Aussagen einiger weniger (nicht Betroffener) ist auch ein Ergebniss rassistischer (und anderer *istischer) Gesellschaftsstrukturen. Diese weiter zu stabilisieren, in dem weiter Sendungen produziert werden, in denen irgendwelche Priviligierte rumlaufen und überraschend Diskriminierungen feststellen, halte ich für fatal. Stattdessen sehe ich die Medien (und natürlich nicht nur das ZDF) in der Pflicht Aussagen von Betroffenen ernstzunehmen, diesen Platz einzuräumen und diese so zu rahmen, dass deutlich wird, dass sie relevant sind. Das Muster muss aufgebrochen, nicht ständig re_produziert werden (weil das angeblich die Leute ™ ja nur so wollen).

      2. Glück
      Und dass es nichts mit Glück zu tun hat, wer_welche in dieser Welt privilegiert ist, sollte auch Kontext einer solchen Sendung sein, damit Aussagen wie deine nicht mehr so einfach getroffen werden. Es hat nämlich überhaupt nichts mit Glück zu tun. Es geht um Geschichte (Kolonialismus, Kapitalismus etc.) und um heutige diskriminierende Gesellschaftsstrukturen, von denen eben nicht alle gleich betroffen sind und auch nicht mal ganz einfach sein werden.

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  17. gibt es denn nirgendwo ernsthafte aktionen gegen dieses format?! ich hab viel dazu gelesen und mir auch einiges in der zdf-mediathek angesehen und bin schockiert, dass wir für so etwas gez zahlen! ich finde es aber auch schlimm, dass es keine weiteren aktionen zu geben scheint, außer ganz vielen leuten, die auf blogs schreiben,wie bekloppt sie diese sendung finden. und das online-petiitionen nichts bewirken können ist doch auch schon länger klar. auch wenn auch demos nicht wirklich viel bewegen, können sie wenigstens unzufriedenheit für zdfler sichtbarer machen als in blogs, die sie selbst doch nicht lesen. gibt es informationen zu größeren protest-aktionen? veranstaltungen?

    • @icke: Ich glaube auch nicht daran, dass Online-Petitionen Allheilmittel sind, aber ich denke, dass sie durchaus eine Möglichkeit sind um Unzufriedenheit deutlich zu machen. Welche anderen Protestaktionen geplant sind, weiß ich gerade nicht.

      Das Problem ist hier aber auch nicht, dass das ZDF(neo) die Kritiken nicht sehen würde. So sagte beispielsweise Daniel Gerlach, der Host der Sendung, dass er meine Kritik „durchaus fundiert“ findet. Und auch auf Twitter wurde ja auf Kritiken geantwortet. Nach der letzten Sendung gab es einen Chat initiiert von ZDFneo. ABER: Es gibt keinen wirklichen Willen sich tatsächlich mit den Inhalten der Kritik auseinanderzusetzen und selbstkritisch das eigene Schaffen zu reflektieren… Und dass das kein Einzelfall beim ZDF ist, hat Helga sehr eindrücklich dokumentiert.

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