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Ich oute mich: Ich gucke die Oscar-Verleihung. Jedes Jahr. Live. Vier (dieses Jahr besonders) lange Stunden mitten in der Nacht voller Pomp und Gedöns.  Am Ende der Veranstaltung stehen alle Gewinner nochmals gemeinsam auf der Bühne. Dieses Jahr sah man dort mal wieder eine Riege weißer Männer. Anlass für mich die Gewinner_innen mal genauer anzuschauen. Wer hat Oscars gewonnen? Welche Filme schnitten gut ab – und wessen Geschichte erzählen sie? Also: Film ab!

Insgesamt wurden in 24 Kategorien 37 Trophäen vergeben. 29 Stück durften Männer  nach Hause nehmen und nur 8 gingen an Frauen (und das auch nur, wenn man den Gewinn für den besten ausländischen Film der Regisseurin anrechnet – Auf der offiziellen Seite der Academy Awards steht nur „Denmark“). Falls man nun noch die Kategorien herausrechnet, in denen bereits vorgegeben ist, welches Geschlecht der_die Gewinner_in haben muss, dann gingen rund 82% (!) der Statuen an Männer.

Die geschlechtsspezifischen Preise gingen an je zwei weiße Männer (Colin Firth – bester Hauptdarsteller; Christian Bale – beser Nebendarsteller) und zwei weiße Frauen (Natalie Portman – beste Hauptdarstellerin; Melissa Leo – beste Nebendarstellerin). Doch konnten sich nicht-weiße Schauspieler_innen am Sonntag/Montag überhaupt Hoffnungen machen? Ein Blick auf die Nominiertenliste verrät: Nein. 100% weiß!

Und wie sieht es bei den Filmen aus? Die meisten Kategorien haben sich „The King’s Speech“ und „Inception“ geangelt – jeweils vier. Darauf folgt „The Social Network“ mit 3 Kategorien. In allen drei Filmen geht es um weiße Menschen (ich möchte hier kurz anmerken, dass ich Inception bisher nicht gesehen habe, falls mich also jemand korrigieren möchte…). Die Filme spielen min. in der Mittelklasse, eher aufwärts (bishin zur britischen Königsfamilie). Die Protagonist_innen scheinen cis- und hetereosexuell. Die Hauptrollen spielen Männer, sie stehen im Mittelpunkt, ihre Geschichten werden erzählt. Ich glaube nicht, dass einer der Filme den Bechdel-Test bestehen würde. Darüberhinaus sind die meisten Figuren gesund („ablebodied“ – über Definition lässt sich streiten). Als einzige Ausnahme könnte man hier den stotterten König aus „The King’s Speech“ zählen (Dessen Drehbuch auch seinem Autor David Seidler, der sich zu seinem eigenen Stottern bekannte, eine Trophäe einbrachte).

Seit dem letzten Jahr werden nun 10 Filme in der Kategorie „Bester Film“ nominiert. In diesem Jahr drehten sich tatsächlich alle Filme, um weiße Protagonisten! (Okay, ich bin mir unsicher, wie Toy Story 3 zählt) Immerhin 3 Filme (yeah 30%…) hatten weibliche Hauptdarstellerinnen (und auch True Grit hat eine viel besprochene weibliche Protagonistin). Und auch sonst gibt es außerhalb der Bertrachtung nach „race“ eine größere Diversität in den Filmen: so gibt es Filme mit homosexuellen Protagonistinnen („The Kids are Allright“, „Black Swan“) und einige Filme spielen eben nicht in der Mittelschicht und aufwärts („Winter’s Bone“, „The Fighter“). Doch diese Filme gewinnen nicht (außer die beiden weißen Männer aus „The Fighter“ die Schauspielerpreise!).

Zuletzt noch ein Blick auf die nominierten Regisseure, ist dies doch eine fast ebenso renomierte Kategorie wie „Bester Film“: Eine Riege weißer Männer. (Frustrierend oder?)

Fazit: 2002 nach dem Oscar-Gewinn Halle Berrys keimte etwas Hoffnung auf. 2010 mit dem Triumph von Kathryn Bigelow ebenfalls. Doch wenn man sich die Gewinner_innen der diesjährigen Verleihung betrachtet, bleibt doch eher die Erkenntnisse, dass es sich um große Ausnahmen, nicht große Türöffner handelte. Die Hollywood-Filmindustrie bleibt in ihrem ganzen männlich-zentriert (dazu nur zu empfehlen dieses tolle Video!). Und nicht nur das: Der weiße, cis/heterosexuelle Mann, der nicht aus der Unterschicht kommt oder körperliche Einschränkungen hat, ist der Standard. Über ihn werden die Geschichten erzählt (die wahrgenommen werden). Und dies verwundert auch nicht weiter, denn ER erzählt die Geschichte ja auch!

Ein Kommentar zu “Die Academy Awards (a.k.a. Oscar) – Wer muss draußen bleiben?

  1. Mich würde interessieren, ob sich der Ethno- und Genderzentrismus globalisieren lässt, zum Beispiel bietet sich ein Blick auf die Hong Kong Film Awards, Bollywood Movie Awards oder die African Movie Academy Awards an.

    Vielleicht, aber auch nur vielleicht, ist so eine Art Dominanzkultur doch nicht das Alleinstellungsmerkmal eines hybriden Kulturkreises, der westliche Welt genannt wird.

    Im Übrigen reizt auch eine Quantifizierung: wie viele „nicht-dominante“ Themen, was auch immer das ist, verfilmt werden/werden wollen; wie viele „nicht-dominante“ Filmemacher Filme drehen, wie viele „nicht dominante“ Filmemacher Filme drehen wollen… Und so weiter.

    Deiner Frustierung pflichte ich bei. Frustrierend halte ich aber auch die Zentrierung solch kritischer Blicke auf all das, wo gerade „weiß“ dominiert. So könnte der Eindruck entstehen, diese Art Dominanz ist gerade der Farbe „weiß“ inhärent. Unglücklicherweise könnte das leider ein generisches Phänomen sein, zumindest nehme ich das bis jetzt so wahr.

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