„Das flexible Geschlecht“ war (unter anderem ) der Titel des Genderkongresses der Bundeszentrale für politische Bildung. Um „Geschlecht“ ging es dann auch in den ersten beiden Key Lectures, Donnerstag Abend und Freitag Morgen. Welten prallten dabei aufeinander. Doch der Aufprall war nicht das einzige, was knallte.
Besonders knallig (ja ja der Übgang ist lahm, aber irgendwo musste ich es doch unterbringen 😉 ) war auch die Farbe der Kongress Materialien: Pink. Genau. Mehr Klischee geht kaum? Doch: Pinke Schnörkelschrift. Claudia Neusüß, Moderatorin der beiden ersten Key Lecturers, erklärte am Freitag, dass das gewählte Layout eine ironische Anspielung auf die „süßen 50iger Jahre“ sei. Ich kann natürlich nur für mich sprechen, aber die Idee wäre bei mir ohne eine Erklärung wohl kaum angekommen, vor allem erklärt das auch immer noch nicht die Wahl der Farbe Pink. Beim nächsten Mal wäre vielleicht ein bißchen weniger Ironie und etwas mehr Stil für die Augen ziemlich erfreulich – und eventuell auch weniger abschreckend. Aber zurück zu den Inhalten:
Den erste Vortrag hielt am Donnerstag Susan Pinker. Die kanadische Psychologin ist ja relativ bekannt geworden mit ihrem Buch „The Sexual Paradox“. Genau zu den dort enthaltenen Thesen hielt sie dann auch einen (rhetorisch tatsächlich sehr guten) Vortrag. Sie behauptet (anhand von einigen Studien), dass Frauen nicht in den Chefetagen säßen, da sie das gar nicht wollten. Das „Nicht-Wollen“ begründet sie durch biologische Unterschiede. Sie gibt zwar auch zu, dass diese Unterschiede besonders stark ausgeprägt werden durch Sozialisation, aber ihre „Beweisführung“ lief in erster Linie biologisch und essentialistisch ab. Glücklicherweise stellte ich fest, dass der Unmut über ihre Inhalte nicht nur bei mir vorhanden war, sondern bei vielen anderen Teilnehmer_innen. Nur die Frau hinter mir nickte und murmelte immer ziemlich eifrig und zustimmend. Leider ging Pinker in der darauf folgenden Diskussion nie so richtig auf die gut durchdachten Gegenargumente ein. So wurde beispielsweise ihre Naturwissenschafts-Gläubigkeit (so möchte ich das mal nennen) mit dem Argument in Frage gestellt, dass ja gerade in der kritischen Wissenschaftsgeschichte auch immer wieder festgestellt wird, dass eben auch naturwissenschaftliche Erkenntnisse durch die kulturelle Rahmung beeinflusst sind. Pinkers Meinung zu Kritik an ihren Thesen lässt sich sehr gut nachvollziehen anhand ihres Kommentars im Video des Missy-Magazins, welches eine tolle Blog-Dokumentation gemacht hat: Dort antwortet sie ziemlich lapidar, dass sie ja nicht verstehe, wie man nicht diese neuen Erkenntnisse anerkennen kann und noch mit Argumenten von vor 40 Jahren argumentieren könne. Dazu dass es eben auch zu den vielen von ihr benutzten Studien ebenso aktuelle Gegenstudien gibt oder die von ihr hochgehaltenen Erkenntnisse zutiefst umstritten sind kein Wort.
Der Vortrag hat sicher zu angeregten Diskussionen im Nachhinein angeregt. Trotzdem empfand ich ihn als Einstieg ziemlich ungünstig. Wenn schon Pinker, dann doch bitte bei einer Podiumsdiskussionen mit anderen Diskutant_innen, die direkt Kontra geben können.
Die Key Lecture am Freitag hielt die Soziologin Eva Illouz. Es ging um die so genannte „commitment phobia“, also um Beziehungen im Wandel der Zeit. Die Argumentation führte sie dabei relativ konträr zu der von Pinker (also Sozialisation statt Gene und Hormone). Trotzdem fand ich es ziemlich schade, dass die Vorträge doch beide auf ihre Art sehr traditionell waren….
Soviel erstmal zu den Key Lectures (die dritte am Samstag konnte ich leider nicht hören, mehr zu lesen gibt es aber beim Dokumentations-Blog). Nachher schreibe ich noch meinen zweiten Rückblicks-Teil zum Forum, an dem ich teilgenommen habe („Die neuen Haushälterinnen“).
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