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Der nunmehr dritte Teil der Einführung in die Regionalwissenschaftlichen Debatten. Hintergründe zu dieser kleinen Reihe kann man hier nachlesen. Bereits gestern habe ich ja einen Beitrag zu Postkolonialismus gepostet, die heutige kleine Einführung kann man als Beispiel betrachten. John McLoed fokussiert sich hiebei auf die Darstellung von Nation in Literatur der Dekolonialisierung der 1950-iger und 1960-iger Jahre.

McLeod unterrichtet an der Universität  Leeds postkoloniale Literatur. Sein Forschungsschwerpunkt ist die Darstellung des postkolonialen London, England und Großbritannien. In dem vorliegendem Text betrachtet McLeod  die postkoloniale Darstellung über anti-kolonialen Natonalismus und dessen Auswirkungen  auf die Entstehung von Anti-kolonialem Bewusstsein. Er konzentriert sich dabei auf nationale Darstellungen in der Literatur der Dekolonialisierung der 1950-iger und 1960-iger Jahre.

McLeod definiert zunächst den Begriff der Nation. Diese sei ein ökonomisches Produkt des expandierenden, industriellen und imperialistischen Geistes, also eine kapitalistische und abendländische Bewegung. Nationen sind innerhalb ihrer Grenzen in langen Prozessen gebildet worden. Die Grundlage für einen Staat, welcher die soziale Ordnung für eine Nation geltend macht, ist ein kollektives Bewusstsein der Mitglieder einer Nation. Generationenübergreifende Mythen und Riten entstehen und werden mit nationalen Symbolen besetzt. Die größte Symbolkraft birgt die Bindung an ein Staatsgebiet. Innerhalb dieses Staatsgebiets wird eine nationalen Öffentlichkeit formt. Diese nationale Identität muss sich um ihrer Existenz willen von der anderer Nationen unterscheiden.

Innerhalb des Kolonialismus werfen diese Voraussetzungen einige grundlegende Widersprüche auf, die von der antikolonialen Bewegungen als Freiheitsbewegung aufgelöst werden können. Als Gegenbewegung beschränken sie sich jedoch meist nur auf die willkürlich von den Kolonialmächten gezogenen Grenzen.

McLeod beschreibt zwei alternative Beispiele im afrikanischen Kontext, zum einen die Bewegung der Négritude, zum anderen geht er auf Frantz Fanons national culture ein.

Die Négritude eine Literaturbewegung entstand, um Widerstand gegen die Kolonialmächte leisten zu können. In dieser Bewegung wird die dunkle Hautfarbe als eine nationenübergreifendes Merkmal von Menschen gleicher Herkunft mit einer eigenständigen Geschichte (im Gegensatz zu den kolonialen Diskursen des 19. Jahrhunderts) beschrieben, oder die in dem Zusammenhang mit Hautfarbe erlittene Unterdrückung wird als essentielle Gemeinsamkeit herausgestellt. Die Kritik Mc Leods an der Négritude ist, dass diese die allgemeingültige abwertenden Darstellung der Farbigen unkritischen hinnimmt und akzeptiert. Koloniale Stereotypen würden gefördert.

Franz Fanon kritisiert die Négritude bezüglich der native intellectual, welche durch die westliche Bildung keine wirkliche Identifikation mit der einheimischen Bevölkerung entwickeln können und somit als Autoren ein nationales Bewusstsein schlecht vertreten- und eine Befreiungsbewegung nur erschwert vollziehen können. Die Négritude verspreche Einheit. Diese ist nach Fanon aber nicht eine pan-afrikanische, denn findet Nationalität an verschiedenen Orten statt. Fanon beschreibt die Entstehung von nationaler Kultur wie folgt: Nachdem sich der native intellectuel an den kolonialen Literaturtrends orientiert hat, beginnt er seine eigene Vergangenheit zu reflektieren und neu zu gestalten somit wird er dann Teil seines Volkes im Kampf gegen die Kolonialmacht. Auf diese Weise könnten neo-koloniale Probleme umgangen werden.

Literatur

McLeod, John. 2000. Nationalist Representations. In: Beginning Postcolonialism. S. 67-92.

2 Kommentare zu “„Beginning Postcolonialism“ – Eine kleine Einführung

  1. Manchmal frage ich mich, ob die Übernahme der westlichen Nationenidee durch die kolonisierten Afrikaner nicht eine erfolgreiche Dekolonisierung verhindert hat. Mir scheint, dass die Modernisierung, der Aufbau funktionierender Staaten, die Etablierung von so etwas wie good governance in vielen Staaten Afrikas nach der Befreiung kläglich gescheitert ist. Während sich im Nahen und Mittleren Osten und in Asien aus den Trümmern des Kolonialismus funktionierende Staaten erhoben, die teilweise wirtschaftlich mit dem Westen konkurrieren und dem Westen politisch (bedingt) auf Augenhöhe begegnen, taumelt ein beachtlicher Teil der afrikanischen Staaten von einem (Bürger-)Krieg in den nächsten. In einem Aufsatz hieß es einmal, verantwortlich für die Probleme bei der Schaffung einer funktionierenden Staatsgewalt in (Schwarz-)Afrika sei, dass die Menschen nicht bereit oder in der Lage seien, Loyalität über Primärbeziehungen hinaus zu entwickeln. Wenn das stimmt (was ich nicht beurteilen kann), dann war es vielleicht ein Fehler, sich an der Nationalstaatsidee der kolonialen Herren zu orientieren. So aber hat die Befreiung vom Kolonialismus doch nur bedingt Freiheit mit sich gebracht.

  2. Pingback: Zusammenfassung: Brennpunkte der kritischen Rezeption afrikanischer und lateinamerikanischer Literaturen « Afrika Wissen Schaft

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